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Das Familienunternehmen „Bogenschütz & Söhne“ baut seit Generationen im schwäbischen Hechingen zuverlässige Textilmaschinen. Aber seit einiger Zeit bleiben die Aufträge aus, die asiatische Konkurrenz ist billiger. Michael Bogenschütz, der die Firma leitet, steht das Wasser bis zum Hals. Er sieht sich gezwungen, hinter dem Rücken seines Vaters Paul Bogenschütz (Seniorchef) mit den Chinesen über einen Verkauf zu verhandeln. Doch Vater Paul bekommt das mit und versucht nun die Hilfe von Michaels Schwestern Marlies und Marianne zu erlangen, um sein Lebenswerk zu retten… GLOBAL PLAYER – WO WIR SIND ISCH VORNE zeichnet das tragikomische Porträt einer mittelständischen Unternehmerfamilie in der Globalisierung.

 

Das Familienunternehmen „Bogenschütz & Söhne“ baut seit Generationen im schwäbischen Hechingen zuverlässige Textilmaschinen. Doch nun fehlen Aufträge und seit Monaten ist man auf Kurzarbeit. Die Konkurrenz der neuen Weltmacht China scheint übermächtig. Juniorchef Michael Bogenschütz steht das Wasser bis zum Hals.

Bei jeder produzierten Maschine zahlt die Firma drauf, die Belegschaft ist unruhig. Michael versucht neue Aufträge zu gewinnen, doch das gestaltet sich schwierig. Die Bank verweigert ohne weitere Sicherheiten einen neuen Kredit. Sein Haus hat Michael der Bank bereits überschrieben, ohne dass die Familie davon weiß. Er lebt vom Lehrerinnen-Gehalt seiner Frau Silke Bogenschütz. So sieht sich Michael gezwungen, hinter dem Rücken seines Vaters Paul Bogenschütz (Seniorchef mit Vetorecht), Verhandlungen mit chinesischen Investoren zu beginnen, um die drohende Insolvenz abzuwenden. Zur Feier des neunzigsten Geburtstags des Seniorchefs und Patriarchen reisen auch Michaels Schwestern und Mitgesellschafterinnen der Firma an: die flippige, grüne Marlies mit ihrer 18-jährigen Tochter Salome aus Köln und die besonnene Marianne aus Berlin. Paul schimpft, dass die Töchter ihre Männer nicht mitgebracht haben. Außer Michael haben alle Kinder den Bezug zum raubeinigen „alten Herrn“ verloren, der mit Unterstützung seiner selbstbewussten, polnischen Haushälterin Agnieschka alleine in der Fabrikantenvilla lebt.

Matthias, der älteste Sohn, der als Aussteiger in Thailand lebt, ist gar nicht gekommen. Michael eröffnet am späteren Abend seinen Schwestern die Lage der Firma. Marlies und Marianne erschrecken – dass es so schlimm ist, haben sie nicht gewusst.  Als der chinesische Unternehmer Chong Wang zusammen mit der Übersetzerin Lin Ling und der chinesischen Verhandlungsdelegation zur Betriebsbesichtigung erscheint, denkt Paul Bogenschütz, dass Michael die Firma an die chinesische Konkurrenz verkaufen will.

Vater und Sohn, der in den Chinesen mögliche Partner sieht, geraten in heftigen Streit – die Chinesen staunen. Der Patriarch beschließt seine Kinder zu enterben. Jedes Familienmitglied soll alles Hab und Gut beleihen – mit diesem neuen Kapital will Paul die Firma, sein Lebenswerk, retten. Paul nimmt sich da nicht aus und über¬schreibt seine Villa der Bank. Dann macht er sich mit Haushälterin Agnieschka auf den Weg zu seinen Töchtern nach Köln und Berlin. Michael hält das für Unsinn, kann Paul aber nicht davon abhalten. Während Paul durch Deutschland reist, versucht Michael einen rettenden Auftrag für die Firma zu gewinnen – ohne Erfolg. Über seine Kinder erfährt Paul auf dieser Reise Neues: Seine jüngste Tochter Marlies ist nicht einfach die alternative, allein erziehende Mutter, für die er sie hielt, sondern eine moderne Unternehmerin, die eine ganze Reihe erfolgreicher Yoga-Zentren führt.

Seine älteste Tochter Marianne, die Literatur-Übersetzerin, hat ihren Ehemann Andrew, einen US-amerikanischen, jüdischen Musiker, dem Vater aus gutem Grund nie vorgestellt: Andrew wollte einen Deutschen aus Pauls Generation nicht treffen. Jetzt kommt es zur Aussprache. Pauls Besuche bei den Töchtern beleben den Familiengeist neu. Marianne bekommt einen neuen emotionalen Zugang zum Vater. Marlies, die so lange nicht ernst genommen wurde, steuert zur richtigen Zeit eine gute Geschäftsidee bei und unterstützt Michael bei den Verhandlungen mit den Chinesen. Doch die Chinesen haben nur ein Ziel: Sie wollen „Bogenschütz & Söhne“ kaufen. An einer Zusammenarbeit haben sie kein Interesse…

Der Patriarch Paul Bogenschütz (Walter Schultheiß) wird 90.

Pressestimmen

„Gelungener Mix aus Realsatire, Komödie und Drama.“
Blickpunkt:Film, tk

„Hannes Stöhr hat einen komischen und klugen Film über seine süddeutsche Heimat im Prozess der Globalisierung gemacht.“
Tip Berlin, Christina Moles Kaupp

“Ein Film, der die schwierigste Kunst Hollywoods ins Schwäbische holt, die Verbindung von Amüsier- und Denklust.”
Stuttgarter Zeitung, Thomas Klingenmaier

„‚Global Player‘, zwischen Drama und leiser Komödie changierend, ist im besten Sinne auch ein Heimatfilm – ohne jeden folkloristischen Kitsch. (…) ‚Global Player‘ ist neben aller Globalisierungsfragen auch die Geschichte einer traditionsreichen Familie, die sich schon lange fremd geworden ist. Die Krise lässt alle wieder enger zusammenrücken.“
dpa

„Ernst. Tiefsinnig. Lustig. Glaubhaft. Toll gefilmt. Toll erzählt.“
Schwarzwälder Bote, Klaus Stopper

„Eine warmherzige Komödie mit tragischen Elementen. Kino mit Herz und Hirn!“
Gong, F. Römer

„Der Regisseur und Autor Hannes Stöhr und die Darsteller verknüpfen das Ernste mit dem Komischen, die ethnologische Neugier mit der Heimatliebe, die Lust am Unterhalten mit dem Ernst des Krisenporträts.“
Stuttgarter Zeitung, Thomas Klingenmaier

„… ein mit feinfühligem Humor gezeichnetes Zeitbild.“
Stuttgarter Nachrichten, Thomas Morawitzky

„Gut erzählte, eindrucksvoll fotografierte und überzeugend gespielte Tragikomödie der unterhaltsamen Art.“
Programmkino.de, Dieter Osswald

„ …hervorragend Christoph Bach (…) aktuelles Unternehmerdrama“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Hans-Jörg Rother

„Regisseur Hannes Stöhr hat es geschafft, mit diesem Film wirklich auch die Waage zu halten zwischen Ernsthaftigkeit und Humor. Das liegt sicherlich nicht nur am guten Drehbuch, sondern auch an seinen wunderbaren Darstellern, allen voran der Seniorchef (Walter Schultheiß). Hier geht es um Europa kontra Asien, Jung gegen Alt oder Europa mit Asien und Alt gemeinsam mit Jung. Wie die drohende Pleite die Familie zerreißt und zusammenschweißt und welch clevere Lösung das Ganze am Ende auflöst, lohnt den Besuch im Kino.“
Blitz!, Carola Kinzel

„Auch Christoph Bach, die gebürtige Freiburgerin Inka Friedrich und Ulrike Folkerts als Bogenschütz’ Kinder überzeugen. Für ihr geniales Pokerface beim Übersetzen und ihr nahezu akzentfreies Deutsch kann man JinJin Harder nur bewundern.“
Badische Zeitung, Heidi Ossenberg

“Nun, mit 89 Jahren ist Schultheiß der Star, die eigentliche Entdeckung des Films Global Player (…) er spielt die (Schlüssel) Szene grandios….“
Zeit Magazin, Jana Simon

„Das ist ebenso tragikomisch wie unterhaltsam, denn Hannes Stöhr ist neben Andreas Dresen wohl derzeit der einzige deutsche Regisseur, der Alltagsgeschichten eben so genau verortet, sie aber auch mit Humor, liebevoll unterfüttert. Nach seinen beiden großen Publikumserfolgen ‚Berlin is in Germany‘ und ‚Berlin Calling‘, der über ein Jahr lang in den Kinos lief und zum Kultfilm avancierte, hat Hannes Stöhr nun einen Provinz- und Familienfilm gedreht, einen klugen und unterhaltsamen Kommentar zur Globalisierung fernab der großen Metropolen abgegeben.“
Deutschlandradio Kultur, Jörg Taszman

„Sehr nahe an der Realität und einer der viel zu seltenen Beweise, dass Wirtschaft spannend und unterhaltsam sein kann.“
Manager Magazin, Wolfgang Hirn

„Mit leisem Humor angereicherte Geschichte, die stets interessant bleibt (…) Ein inhaltlich brillanter und hochaktueller Familienfilm.“
Zitty, Martin Schwarz

„sehr gut recherchierter, sehr feiner Film“
Handelsblatt, Anja Müller

„Dass ‚Global Player – Wo wir sind isch vorne‘ (…) in aller Munde ist, ist unter vielen anderen auch drei Schauspielern des Melchinger Lindenhof-Theaters zu verdanken. Stefan Hallmayer, Berthold Biesinger und Uwe Zellmer.“
Südwestpresse, Hardy Kromer

„Andere Länder feiern an Nationalfeiertagen militärische Großtaten, der Gründungsmythos des modernen Deutschland ist dagegen das Wirtschaftswunder. Und das verkörpert Walter Schultheiß als Familienpatriarch Paul Bogenschütz (…) hinreissend und herzberührend“
Schwarzwälder Bote, Klaus Stopper

„Von der hippen Szene-Metropole in die Provinz: Nach seiner gefeierten Berlin-Trilogie (‚Berlin is in Germany‘, ‚One Day in Europe‘, ‚Berlin Calling‘) ist der deutsche Regisseur Hannes Stöhr in seine Heimat Baden-Württemberg zurückgekehrt, um seinen höchst aktuellen Film ‚Global Player – Wo wir sind isch vorne‘ zu drehen.“
dpa, Focus.de, Stern.de

„Fazit: Sympathische, mit großartigen Darstellern besetzte Mischung aus Wirtschaftsdrama und Heimatkomödie, die genau den richtigen Mix aus Tragik und Heiterkeit findet.”
www.spielfilm.de, Björn Schneider

“Exquisit fotografiert (…) feiner Film.”
Münchner Merkur, kat

“Die Komödie (…) nutzt den Dialekt als Katalysator einer authentisch-nachdenklichen Betrachtung über Globalisierung als Bürde und als Chance.”
Abendzeitung München, Teresa Groß

“Es wird viel geschwäbelt in dem Film, es werden viele Maultaschen gegessen, doch der Film ist keine Heimatschnulze. Es ist kein Film von Schwaben für Schwaben. Die Schwäbische Alb ist überall – in Ostwestfalen und in Mittelhessen, in Oberbayern und Niedersachsen. Überall, wo deutsche Mittelständler dem globalen Wettbewerb ausgesetzt sind, kann und wird sich diese Geschichte so oder so ähnlich wiederholen.”
Manager Magazin, Wolfgang Hirn

“Ein komplexer Film, ein Drama mit viel Komik, auch für Nicht-Schwaben verständlich. Christoph Bach ist überzeugend zerrissen als Juniorchef und Walter Schultheiß (….) hat als Senior eine fulminante Altersrolle.”
Die Welt, Hans-Georg Rodek

Pressenotiz

Nach seinem sensationellen Debüt BERLIN IS GERMANY (Panorama Publikumspreis, Berlinale 2001), nach ONE DAY IN EUROPE (im Berlinale Wettbewerb 2005) und nach seinem Kultfilm BERLIN CALLING (2008, u.a. ARTE-Publikumspreis) ist Hannes Stöhr erneut ein ganz besonderer Kinofilm gelungen:

GLOBAL PLAYER – WO WIR SIND ISCH VORNE ist eine humorvolle Familiengeschichte über den Generationenkonflikt und das Aufeinanderprallen zweier Kulturen in einer sich drastisch verändernden Welt. Mit dem für Hannes Stöhr typischen realistischen Ansatz werden wichtige Aspekte der Gegenwart und Vergangenheit erzählt. Die Geschichte ist regional und global zugleich.

GLOBAL PLAYER – WO WIR SIND ISCH VORNE stellt die Gretchenfrage in Bezug auf Europas größte Volkswirtschaft: Wird Deutschland China gewachsen sein? – David gegen Goliath…

„Bogenschütz & Söhne“ ist zwar ein fiktives Unternehmen, die Geschichte des Films orientiert sich aber an realen Vorbildern. Wie Shakespeares ‘King Lear’ fragt sich auch der Patriarch Paul Bogenschütz, 90 Jahre alt und Veteran des Zweiten Weltkriegs: Sind seine Kinder wirklich auf die Dinge vorbereitet, die da kommen?

 

INTERVIEW MIT REGISSEUR UND AUTOR HANNES STÖHR

Wie sind Sie auf die Idee gekommen GLOBAL PLAYER – WO WIR SIND ISCH VORNE in Hechingen spielen zu lassen?

Ich bin im schwäbischen Hechingen, dem Hauptschauplatz der Geschichte, aufgewachsen. Es war spannend meine Heimatstadt und mein Heimatland Baden–Württemberg mit dem Film neu zu entdecken. Vor über zwanzig Jahren bin ich aus Hechingen weggegangen, wollte die Welt entdecken. Natürlich besuche ich regelmäßig meine Familie und Freunde in der alten Heimat,  ich lehre auch seit acht Jahren als Gastdozent an der Filmakademie Ludwigsburg.  Nun, aus Exil-Berliner Perspektive, empfinde ich die schwäbische Provinz heute als sehr modern. Die Dächer sind voller Solarzellen, die Kommunen haben flächendeckend Städtepartnerschaften in ganz Europa, viele Menschen arbeiten bei mittelständischen Firmen, die auf dem Weltmarkt eine Rolle spielen. Viele meiner Freunde oder Abiturkollegen haben berufliche Erfahrungen in der ganzen Welt. Wenn ich einige meiner Tenniskumpel von früher treffe, dann unterhalten die sich über ihre Berufserfahrungen in Chengdu, Shaoxing oder Shanghai.  Die Globalisierung findet vor allem auch in der  sogenannten Provinz statt.  So entstand die Idee die schwäbische Provinz mal ohne Blaskapelle zu zeichnen, Hechingen gegen Shanghai antreten zu lassen, David gegen Goliath realistisch zu erzählen.

Bei den Testvorführungen wurde im Publikum viel gelacht. Wie schreibt man eine dramatische Komödie?

Bei mir sind die ersten Drehbuchfassungen immer eher tragisch. Je mehr ich dann aber über das Thema und die Figuren nachdenke, entdecke ich auch die komischen Momente. Keine Komödie ohne Tragödie ist eine alte Weisheit beim Geschichten erzählen. Manche stören sich an dem optimistischen Grundton in meinen Filmen. Mir ist es wichtig, dass die Leute wissen in einem Hannes-Stöhr-Film gibt aus auch etwas zu lachen. Wir sind ja im Kino, nicht in der Kirche.

Warum ist Ihnen der Konkurrenzkampf mit China so wichtig?

Gerade in der Maschinenbaubranche zeigt sich seit einigen Jahren die chinesische Strategie Know-how abzuziehen, um eigenes Know-how zu schaffen. Die Weltmacht China kauft generalstabsmäßig Maschinenbaufirmen auf (z.B. den Betonpumpenhersteller Putzmeister, Aichtal) oder sie steigen bei Firmen ein (wie z.B. beim Textilmaschinenhersteller Assyst Bullmer, Mehrstetten, Kreis Reutlingen), um nur zwei Beispiele aus Baden-Württemberg zu nennen.

Kritiker befürchten, dass der Technologietransfer in der Zukunft als Bumerang zurückkommt, wenn die Chinesen die Hightechprodukte selber herstellen können. Die Bücher der deutschen China-Spezialisten Wolfgang Hirn („Herausforderung China“ 2005, „Angriff aus Asien“ 2007, „Der nächste Kalte Krieg: China gegen den Westen“ 2013) und Frank Sieren („Der China Code“ 2005, „Der China Schock“ 2008, „Die Konkubinenwirtschaft“ 2008 u. a.) kann ich nur empfehlen. Die These: Der Aufstieg Chinas zur Supermacht stellt die deutsche Wirtschaft vor die größte Herausforderung seit dem 2. Weltkrieg. Die westliche Welt, die USA und Europa, sind auf dem Weg den wirtschaftlichen Konkurrenzkampf mit China zu verlieren.

Daher auch der ironische Untertitel WO WIR SIND ISCH VORNE. Manche glauben immer noch, Europa wäre der Nabel der Welt. Das sind wir nicht. Das Thema ist kompliziert. Chinesische Investoren sind nicht per se schlecht. Neue Studien belegen, dass chinesische Übernahmen auch eine Chance für deutsche Firmen sein können.

Ich war während der Recherche mehrmals in China. Einmal führte die Reise in einen Vorort von Shanghai,  zu einem mittelständischen Unternehmen aus Baden-Württemberg, das dort ein Joint Venture hat. Der Geschäftsführer führte mich durch den Betrieb und erzählte mir von seinem Arbeitsalltag und den Anstrengungen, den Know-how Transfer an die chinesischen Partner einzugrenzen. Sehr spannend. Man hätte zehn Filme drehen können aus den Informationen.

Gibt es die Firma „Bogenschütz & Söhne“ wirklich?

Nein, die mittelständische Textilmaschinenfabrik „Bogenschütz & Söhne“ ist ein fiktives Unternehmen. Da in Hechingen und Umgebung (z.B. Albstadt, Reutlingen) die Textilbranche sehr stark vertreten ist, habe ich diese Branche gewählt. Ich denke aber die Herausforderungen, denen sich die Firma „Bogenschütz & Söhne“ im Film stellen muss, treffen auf viele reale mittelständische Firmen in Deutschland zu.

Hat Sie das Thema Mittelstand schon immer interessiert?

Ehrlich gesagt habe ich vor zwanzig Jahren noch kein Auge für das Thema Mittelstand gehabt. Als ich noch in Baden-Württemberg gewohnt habe, war mir nicht bewusst, wie wichtig die Wirtschaftsethik dieser Betriebe ist. Durch die Finanzkrise 2008 beschäftigte ich mich mehr mit Wirtschaftsfragen. Bei den Banken und den Konzernen mehrten sich die Fälle, wo Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert wurden. Oft mussten Entscheidungsträger nicht für ihr Handeln gerade stehen. Unser Wirtschaftssystem macht aber keinen Sinn, wenn Unternehmer nicht selbst haften müssen für ihr Handeln. So entstand, denke ich, die Idee, einen mittelständischen, schwäbischen Unternehmer als Helden zu erzählen. Juniorchef Michael Bogenschütz (Christoph Bach) trägt eine enorme Verantwortung: für seine Familie, für die Arbeitnehmer in seinem Betrieb, für die ganze Region. Ich besuchte verschiedene mittelständische Betriebe, versuchte mich in die Lage der Unternehmer zu versetzen. Langsam begann ich zu begreifen, was es bedeutet, eine Firma auf Eigenkapitalbasis zu führen.

Viele Familienunternehmen haben mit dem Generationswechsel zu kämpfen. Die „Generation Wirtschaftswunder“ hat den Staffelstab an die Kinder übergeben, die oft ein anderes Lebenskonzept verfolgen und nicht bereit sind Verantwortung für das Familienunternehmen der Vorfahren zu übernehmen oder diese anders definieren. Viele mittelständische Unternehmen sind dadurch gefährdet, dass die Nachfahren ihr Erbe einfordern und den Firmen dadurch wichtiges Betriebskapital entziehen.

Was war die größte Herausforderung für Sie am Drehbuch?

Ein Film hat nur begrenzte Erzählzeit. Deshalb ist das Schwierigste nicht unbedingt, was man erzählt,  sondern was man weglässt. Film zwingt zur Reduktion. In der Reduktion steckt die Poesie, die Kunst. Ich habe mich auf die Familie konzentriert.

GLOBAL PLAYER – WO WIR SIND ISCH VORNE zeichnet für mich das tragikomische Porträt einer mittelständischen Unternehmerfamilie in der Globalisierung.

Wie kamen Sie auf die Figur des Seniorchefs Paul Bogenschütz?

In vielen Familienunternehmen gibt es diese Seniorchefs, die das Unternehmen wiederum oft schon von ihrem Vater geerbt haben. Natürlich ist mir bewusst, dass die Figur des 90jährigen Paul Bogenschütz (Walter Schultheiß) ein bigger than life character ist, wie die Amerikaner sagen. Der Film nimmt mit Paul Bogenschütz auch Abschied von der Generation, die den Zweiten Weltkrieg und das Wirtschaftswunder erlebt hat. Diese Generation hat das Land zerstört, unserer Kulturnation für immer geschadet und doch haben sie das Land auch wieder aufgebaut und wir verdanken unseren Wohlstand zu einem Gutteil ihnen.

Es war für mich anfangs sehr schwierig zur Figur Paul eine Haltung zu finden. Ich bin froh, dass ich nicht 1922 geboren wurde. Moralisch ist die Sache für mich als Nachgeborener klar: Die Gräueltaten des Nazi-Regimes sind durch nichts zu rechtfertigen oder zu relativieren. Aber diese nachträgliche, moralische Bewertung darf nicht den menschlichen Blick verstellen für das Leben eines Paul Bogenschütz. Als junger Mann zieht er voller Überzeugung in den Zweiten Weltkrieg, an der Ostfront und in russischer Kriegsgefangenschaft erlebt er Furchtbares, nach der Heimkehr baut er wie ein Besessener die Firma seiner Vorfahren wieder auf, er heiratet spät: die klassische Wirtschaftswunderbiografie. Über den Albtraum des Krieges wird mit den Kindern nicht geredet, aber das Foto als junger Mann mit selbstbewusstem Blick in Wehrmachtsuniform bleibt an der Wand.  Die Kinder entfremden sich vom Vater, der älteste Sohn Matthias (Stefan Hallmayer) flüchtet sein Leben lang vor dem Patriarchen. Die Tochter Marlies (Inka Friedrich) nimmt den Vater am 90sten Geburtstag gar nicht mehr ernst. Erst kurz vor seinem Tod, auf seiner letzten Reise, öffnet Paul den inneren Tresor zu seiner Erinnerung und weint vor seiner ältesten Tochter Marianne (Ulrike Folkerts). Natürlich spitzt der Film jetzt zu, wenn Paul dem amerikanischen Lebensgefährten seiner ältesten Tochter, Andrew Tannenbaum (Harvey Friedman) gegenübersitzt, der jüdisch-deutsche Wurzeln hat.

Ich habe mich mit Walter Schultheiß, der den Paul Bogenschütz aus meiner Sicht genial spielt, lange über die Figur unterhalten. Und um das ganz klar zu sagen: Walter Schultheiß war zwar an der Front im Zweiten Weltkrieg, aber er spielt, interpretiert den Paul Bogenschütz.  Wer mit Walter Schultheiß spricht, wird die Unterschiede zwischen der geschaffenen Figur Paul und dem  Privatmann Walter Schultheiß bald erkennen. Walter hat mir mal erzählt wie er in russischer Gefangenschaft oder nach seiner Heimkehr in den zerbombten Kinos von Stuttgart Theater gespielt hat. Interessant war auch die Anekdote von Walter vom bunten Abend, als er seine Kameraden von der Wehrmacht mit Hans Moser Imitationen unterhalten hat, 1944 in Prag.

Wie war die Zusammenarbeit mit Walter Schultheiß (Paul Bogenschütz)?

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Es war für mich – und hier spreche ich, denke ich, für das ganze Team vor und hinter der Kamera – sehr beeindruckend zu erleben, mit wie viel Professionalität, Energie und Einsatz Walter Schultheiß mit fast neunzig Jahren agiert hat. Bereits bei den Schauspielproben vor dem Dreh konnte Walter den gesamten Text seiner Rolle, sowie die Dialoge aller anderen Schauspieler auswendig. Alte Schule im besten Sinne.

Sie sagen, die Figur des Paul Bogenschütz wäre so eine Art „King Lear“. Was meinen Sie damit?

Natürlich steckt in der Geschichte des 90jährigen Seniorchefs Paul Bogenschütz, der sich am Ende seines Lebens mit seinem Sohn Michael und seinen Töchtern Marlies und Marianne streitet, auch ein wenig die uralte Geschichte vom alten König. Vereinfacht gesagt blickt der König, der Häuptling, der Stammesführer in diesen Geschichten an seinem Lebensabend auf seine Kinder und fragt sich, wer für die Zukunft gewappnet ist. So gesehen ähnelt die Figur des Paul Bogenschütz sicher „King Lear“, der bekannten Königsgeschichte von Shakespeare.  Paul gibt seinen Kindern auch seine Lebenserfahrungen weiter. Die wichtigste ist sicher: Nie wieder Krieg. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann dass wir aus den Fehlern der Generation Paul gelernt haben. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass wir die Generation nicht vergessen. Viele Probleme die wir heute haben wirken, verglichen mit den unglaublichen Herausforderungen der Wirtschaftswundergeneration, lösbar.

Wie würden Sie die Kinder Bogenschütz in einem Satz beschreiben?

Mit Michael, Marlies, Marianne und Matthias Bogenschütz wird das moderne Deutschland erzählt und die positiven Entwicklungen der letzten Jahrzehnte bei uns spürbar gemacht: größere Weltoffenheit und persönliche Freiheit, moderne Lebenskonzepte und individuelle Lebensgestaltung. Aber Paul hat bis jetzt nur zwei Enkel, was ihn ärgert.

Wie war die Zusammenarbeit mit Christoph Bach (Michael Bogenschütz)?

Christoph Bach ist in Gomaringen aufgewachsen, nicht weit entfernt vom Drehort Hechingen. Er kennt die Mentalität der Menschen dort aus eigener Erfahrung und spricht die schwäbische Sprache. Wir kennen uns aus Berlin und wir haben uns schon während der Drehbucharbeit immer wieder getroffen. Ich hatte immer den Eindruck Christoph versteht den Humor des Buches und was ich da erzählen will.

Der Michael Bogenschütz ist eine sehr schwierige Rolle: Einerseits ist es die Hauptrolle, andererseits muss die Figur gegen den übermächtigen Vater anspielen, dem das Drehbuch viel Raum gibt. Und wer will schon mit Michael tauschen? Michael hält für die Familie die Stellung in Hechingen und ist der Einzige, der sich mit den Chinesen auskennt und weiß, was wirtschaftlich eigentlich abgeht. Seine Geschwister und sein Vater reden aber immer mit und wissen es besser. Als wir in Shanghai gedreht haben, waren im Hotel einige schwäbische Unternehmer, die dem Michael Bogenschütz sehr ähnelten und die, wie er, regelmäßig in China sind. Es hat Spaß gemacht tagsüber den Film zu drehen und abends an der Hotelbar den „realen Michael Bogenschütz“ zu treffen. Christoph und ich, wir zwinkerten uns dann nur zu und wussten „genau so“.

Inka Friedrich als Marlies Bogenschütz spricht als Einzige in der Familie badisch. Wie kam es dazu?

Inka Friedrich kommt aus Freiburg. Ursprünglich war die Rolle der „grünen Marlies“ schwäbisch angelegt, aber als ich Inka zum Rollengespräch traf, mochte ich ihren badischen Singsang sehr. Wir haben die Rolle dann gemeinsam verändert und angenommen, dass die Mutter Badenerin war und Marlies wie sie spricht. Dem Film, finde ich, hat das gut getan und der Evergreen aus dem Südwesten „Es gibt Badische und Unsymbadische“ hat so als Dialogsatz in den Film gefunden.

Entscheidend für die Rolle der „grünen Marlies“ ist aber natürlich etwas anderes: Wahrscheinlich wäre Marlies eine gute Geschäftsführerin für die Firma gewesen, aber das war im patriarchalischen Konzept ihres Vaters für „Bogenschütz & Söhne“ nicht vorgesehen. Wie ihre ältere Schwester Marianne und ihr älterer Bruder Matthias hat Marlies Baden- Württemberg verlassen, auch um dem Vater zu entfliehen. Als es jetzt aber eng wird für die Firma und Vater Paul die Kinder durch seine Reise unter Druck setzt, muss Marlies handeln. Marlies ist selbst Unternehmerin und ihre Geschäftsideen sind nahe am „grünen Zeitgeist“.  Wenn Inka Friedrich als Marlies bei den Verhandlungen mit den Chinesen auf unnachahmliche Weise das Wort ergreift, müssen sicher auch Gegner der Grünen einräumen, dass das Charme hat. Ich denke mir, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Auch wenn Marlies und Paul dauernd streiten, sind sie sich im Kern doch sehr ähnlich.

Ulrike Folkerts als älteste Tochter Marianne Bogenschütz lernt ihren Vater am Ende seines Lebens ganz neu kennen. Wie kam es zu dieser Idee?

Wie gesagt, Paul setzt mit seiner Reise die Kinder unter Druck. Es wird ernst und die Familie muss nun zusammenhalten. Marianne hat ihren amerikanischen Lebensgefährten mit deutschen Wurzeln, Andrew Tannenbaum, dessen Großeltern von den Nazis ermordet wurden, immer verheimlicht. Als Paul und Andrew sich jetzt treffen, verstehen sie sich auf Anhieb hervorragend. Vater Paul legt gegenüber Andrew seine Sicht der Dinge emotional dar. Es folgt Großaufnahme Ulrike Folkerts: Ein Blick, der das Dilemma einer ganzen Generation erzählt. Das kann nur Kino. Marianne übernimmt dann Verantwortung, erkennt dass Vater Paul jetzt ihre Hilfe braucht. Pauls Reise war nicht umsonst. Seine Methode die Firma zu retten mag kurzfristig gescheitert sein, aber er hat die Familie zusammengebracht.

In den Nebenrollen sieht man schwäbische Schauspieler, die man auf der Kinoleinwand noch nie gesehen hat.

Stefan Hallmayer (Matthias Bogenschütz), Berthold Biesinger (Facharbeiter Kleinmann) und Uwe Zellmer (Textilfabrikant Beck) kommen vom Theater Lindenhof in Melchingen auf der Schwäbischen Alb. Jedem, der mal dort in der Gegend ist, empfehle ich einen Besuch im Volkstheater Lindenhof, das die Dialektik zwischen Heimat und Ferne in das Zentrum ihrer Inszenierungen in schwäbischer Sprache gerückt hat. Axel Fischer (Facharbeiter Fischer) allerdings ist kein Schauspieler, auch wenn man das überhaupt nicht merkt, finde ich. Er arbeitet in der Hechinger Textilmaschinenfabrik, in der wir auch gedreht haben.

Wie stehen Sie persönlich zur schwäbischen Sprache?

Schwäbisch war meine erste Fremdsprache. Ich bin zwar in Stuttgart geboren und in Hechingen aufgewachsen, aber meine Vorfahren kommen vor allem aus Baden und Niedersachsen.  Ich mag die schwäbische Sprache, sie ist weich und poetisch, ich spreche sie gerne. Während andere Deutsche „arbeiten“, „malochen“ oder „buckeln“ sagen, sprechen die Schwaben vom „schaffen“. „Schaffen“ würde man auf Englisch mit „create“, oder auf Spanisch mit „crear“ übersetzen. „Etwas schaffen“ heißt auch etwas „erfinden“, etwas „gestalten“ und genau das ist die große Stärke der Schwaben, denke ich. Insgesamt finde ich wird im deutschen Film viel zu viel gekünstelt Hochdeutsch gesprochen. Ich habe schon in meinen vorherigen Filmen immer  Dialekt oder Akzent inszeniert.  In einem Film sollten die Figuren so sprechen, wie in der Region oder dem Milieu des Filmes gesprochen wird.

Der Film schafft es durch die Figur der Übersetzerin Lin Ling (JinJin Harder) ohne Untertitel auszukommen. Wie kam es zu dieser Idee?

Das Spannendste in der Kommunikation mit den Chinesen ist ja gerade der Moment des Wartens auf die Übersetzung. Mir hat es großen Spaß gemacht die Übersetzungspausen zu inszenieren.

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den chinesischen Darstellern?

Alle chinesischen Schauspieler sprechen sehr gut deutsch, so dass ich keinen Übersetzer brauchte. Bei den Dialogen und Details hat mir Kevin Chen (Rolle Chong Wang) schon im Drehbuchstadium sehr geholfen. Kevin stammt aus Taiwan arbeitet auch als Journalist und Schriftsteller. Mit ihm habe ich mich sehr viel über das Verhältnis China und Deutschland unterhalten.

Wie schwierig war es in China zu drehen?

Jeder kann sich vorstellen, dass man da nicht einfach so hin kann mit einem Filmteam. Ich habe schon im Drehbuch darauf geachtet mich im chinesischen Teil auf das Notwendigste zu beschränken. Unsere chinesischen Partner in Shanghai haben uns sehr gut unterstützt.

In letzter Zeit hört man in Berlin immer wieder den Ruf „Schwaben raus“.  Sie leben seit zwanzig Jahren im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Na ja, das Thema wird in den Medien übertrieben. Außerdem wird in Berlin schnell  jeder, der von südlich der Main-Linie stammt,  als Schwabe klassifiziert.  Die Diskussion ist sowieso absurd, da die Bevölkerung Berlins zum Großteil aus Zugezogenen besteht.

Aber ja, auch in Berlin spürt man, dass der Konkurrenzdruck steigt. Die Gesellschaft radikalisiert sich an den Rändern. Meist extrem links oder extrem rechts stehende „ewig Gestrige“ suchen jetzt einen Sündenbock. Natürlich hört der Spaß auf, wenn Kauft nicht bei Schwaben an Geschäfte gesprüht wird.

Andererseits fühle ich mich in Berlin sehr wohl und „Jeder nach seiner Facon“ wird in Berlin nach wie vor gelebt. Die große Mehrheit der Berliner ist sehr tolerant und weiß, dass die Menschen in Baden-Württemberg die Berliner über den Länderfinanzausgleich immer unterstützt haben. Wenn ich in einer Berliner Runde schwäbisch spreche oder zu später Stunde das Badener Lied singe, dann wird das meist positiv aufgenommen. Ausnahmen gibt es natürlich immer und ich habe auch schon negative Erfahrungen gemacht, wenn man zu viel „sch“ Laute verwendet.

In Berlin sollen ca. 300.000 Menschen mit schwäbischen Wurzeln leben. Eine beeindruckende Zahl!

Die Schwaben, die zweitgrößte Minderheit Berlins! Ich zweifle die Zahl aber an. Da werden einige Badener, Bayern, Pfälzer, Saarländer, Franken und Hessen sicher mitgezählt. Wie gesagt, „alles südlich der Main Linie“ wird in Berlin gerne mal in einen Topf geworfen.

Schon im 19. Jahrhundert gab es Einwanderungswellen aus dem Süden nach Berlin. Die Ur- Oma von meiner Frau ist um das Jahr 1900 aus Freiburg nach Berlin eingewandert. Das Land Baden-Württemberg gab es damals noch gar nicht und reich war die Gegend auch nicht. Damals war die Schwäbische Alb zum Beispiel noch bettelarm. Sicher gab es auch in den Siebziger/Achtzigern Männer aus dem Südwesten, die nach Westberlin kamen, um nicht zum Bund zu müssen. Die ganze Hausbesetzerszene Kreuzbergs soll ja schwäbisch dominiert gewesen sein. Auch in meiner Generation sind viele nach dem Mauerfall dem Ruf Berlins gefolgt.  Andererseits kann man sicher nicht behaupten, dass die Schwaben den Prenzlauer Berg dominieren. Das ist doch Quatsch. Ehrlich gesagt würde ich mir wünschen, dass Badener und Württemberger noch etwas selbstbewusster auftreten in Berlin. Es könnte ruhig ein paar mehr Restaurants mit Wein aus dem Südwesten und guten Schupfnudeln, Maultaschen oder Zwiebelrostbraten geben.

Glauben Sie der Film wird in Berlin oder Bayern ein Publikum finden?

Die Berliner, die den Film bis jetzt gesehen haben, fanden den Film spannend. Viele kennen den Konflikt der Kinder Bogenschütz mit ihrem alten Herrn Paul Bogenschütz aus ihren eigenen Familien. Was den wirtschaftlichen Teil der Geschichte angeht, weiß doch mittlerweile jeder wie wichtig Firmen wie „Bogenschütz & Söhne“ für Deutschland sind. Wenn der Mittelstand im Süden in Gefahr geraten sollte, können sie in Berlin das Licht ausmachen. Das weiß man in Berlin schon. Zwischen Bayern und Baden-Württemberg gibt es zwar sicher eine Rivalität, aber eben auch viele Schnittmengen. Bayern lebt auch von seinen mittelständischen Firmen. Dort weiß man von was dieser Film handelt. Ich bin sehr gespannt, wie der Film im bayerischen Schwaben ankommt z. B. in Augsburg.

Was ist Ihr nächstes Projekt?

Ich arbeite schon seit Jahren an einem Western mit dem Titel „Forty Eighters“. Es geht um Auswanderer, die nach der Badischen Revolution 1848/1849 nach Amerika auswandern, um dort ein neues Leben anzufangen. Da geht es dann um meine badischen Vorfahren.

Das Interview wurde im Juli 2013 von der Agentur Cinemaids geführt.

© sabotage films/Stoehrfilm/Movienet

KURZINTERVIEW MIT CHRISTOPH BACH

Was war für Sie das Besondere an Ihrer Rolle des Michael Bogenschütz und den Dreharbeiten zum Film?

Christoph Bach: Nur einen Katzensprung entfernt von Hechingen, wo der Film spielt, bin ich aufgewachsen. Schon das erste Lesen des Drehbuches war wie ein Flashback. Der Blick ins Tal vom Rande der Schwäbischen Alb: Schiefe Fachwerkhäuser, Doppelhaushälften, große glänzende Gewerbeparks. Die angrenzenden Streuobstwiesen sind gepflegt, wie ein japanischer Garten. Auf der Landstraße wird ein frisch gewaschener Mittelklassewagen von einem frisierten Mofa zersägt. Und alle Menschen im Bild arbeiten. Oder tun zumindest so.

Wenn ich heute auf ein Klassentreffen oder eine Familienfeier gehe, begegne ich vielen Leuten, die mich an Michael Bogenschütz erinnern – der Pragmatismus, die plötzliche Herzlichkeit, eine Geschäftigkeit, die mitunter bis zur Selbstaufgabe geht. Und tatsächlich kreisen die Gespräche häufig um die Herstellung von so wundersamen Dingen wie Rundstrickautomaten oder Straußenfeder-Bürsten.

An GLOBAL PLAYER – WO WIR SIND ISCH VORNE hat mich interessiert, wie eine Firma zum mächtigsten Familienmitglied werden kann; halb Wunderkind, halb Sorgenkind, zieht sie alle verfügbare Aufmerksamkeit auf sich. Sie schweißt die Familie genauso zusammen, wie sie sie immer wieder trennt.

Auch die Konflikte zwischen den Generationen werden täglich, auf engstem Raum, ausgefochten. Und immer, wenn es wirklich brenzlig wird, kommen – wie aus dem Nichts – Maultaschen oder Käsespätzle auf den Tisch. Die anschließende Mattigkeit ist die Wiege der hiesigen Milde. Zudem war es für mich eine Wiederentdeckung der schwäbischen Sprache. Diese wird in ihrem Minimalismus sträflich unterschätzt. Maulfaulheit und Wortwitz verbinden sich hier nämlich zu einer schönen Lakonie.

KURZINTERVIEW MIT WALTER SCHULTHEIß

Was war für Sie das Besondere an Ihrer Rolle des Paul Bogenschütz?

Walter Schultheiß: Die Rolle des Paul Bogenschütz war für mich deshalb so interessant, weil ich auch in diese unglückselige Zeit hineingeboren wurde, dieselben Zeitläufe erlebt habe, wie der Firmenpatriarch, der sehr viele Männer meiner Generation verkörpert. Nach dem Krieg hat er mit Fleiß, Tatkraft, Erfindungsgeist und Qualitätsbewusstsein ein florierendes Unternehmen mit Produkten aufgebaut, für die der Südweststaat berühmt ist. Seine Erfahrungen in Wiederaufbau und Wirtschaftswunder haben ihn derart geprägt, dass er nicht begreift, welchen ganz anders gearteten Problemen sein Sohn gegenübersteht. Dieser sieht sein Unternehmen vor die Herausforderungen der globalisierten Wirtschaft mit weltweitem Wettbewerb gestellt, in der die Textilarbeiter der Schwäbischen Alb mit den weit niedrigeren Löhnen der Chinesen konkurrieren. Fleiß, Tatkraft, Erfindungsgeist und Produktqualität haben auf einmal aufgehört die allein bestimmenden Erfolgsgaranten des Unternehmens zu sein. Der daraus resultierende Vater-Sohn-Konflikt und die Gestaltung der Rolle des kantigen Seniorchefs Paul Bogenschütz mit all seinen oszillierenden Charakter-Facetten – vom Griesgram mit Kriegstrauma, über den patriarchalischen Unternehmensleiter, der verzweifelt und mit  letzter Energie um sein Lebenswerk kämpft, bis hin zum liebenswerten Familienvater – haben mich als Schauspieler sehr gereizt.

Was war für Sie das Besondere bei den Dreharbeiten zum Film?

Walter Schultheiß: Das Besondere und Neue an den Dreharbeiten für mich war, dass ich einen Monat vor Drehbeginn für eine Woche nach Berlin zu Proben eingeladen wurde. Dort traf ich dann meine Spielkameraden, eine Reihe bekannter und hervorragender Schauspieler und Schauspielerinnen und bekam ein Gefühl für die Gestaltung der Rolle im Zusammenspiel. Diese Proben haben die eigentlichen Dreharbeiten wesentlich erleichtert.  Bei all dem lernte ich die unaufdringliche Regie von Hannes Stöhr kennen. Er erzählt ganz harmlos Geschichten, von denen man glaubt, dass sie nichts mit der Arbeit  zu tun haben – und plötzlich, ganz unbemerkt, hat er die Darsteller dort, wo er sie haben will. So führt er seine Schauspieler sensibel an ihre Aufgaben heran. Beim Drehen hat er die Bilder genau im Kopf und weiß präzise, wo die Kamera zu stehen hat. Bei Hannes Stöhr stimmt alles! Außerdem hat mir die Arbeit mit dem gesamten hervorragenden Team und meinen deutschen und chinesischen Kollegen große Freude bereitet. Weil ich nicht gerade der Jüngste auf dem Set war, haben sich alle in rührender Weise um mich gekümmert. Selbst auf mein geliebtes Zitroneneis musste ich nicht verzichten.

Noch eine Anekdote: Chinesisch mit seinen vielen Tonhöhen hört sich für europäische Ohren ungewöhnlich an. Als ich der Unterhaltung meiner chinesischen Kollegen eine Weile lang zugehört hatte, mischte ich mich mit, wie ich fand, ähnlich klingenden „Kauderwelsch“ ins Gespräch. Da merkte JinJin Harder, die Darstellerin der chinesischen Dolmetscherin, auf und rief mir zu: „Das ist aber mehr Kantonchinesisch!“ – Bis dahin wusste ich noch nicht, dass ich auch Chinesisch kann. Glücklicherweise hat mich niemand aufgefordert, etwas zu schreiben.

KURZINTERVIEW MIT INKA FRIEDRICH

Was war für Sie das Besondere an Ihrer Rolle der Marlies Bogenschütz?

Inka Friedrich: Das Besondere an der Rolle war für mich, dass Marlies sich aus der patriarchalischen Familienstruktur längst herausgelöst hatte, aber in dem Moment, in dem es dem Familienbetrieb sehr schlecht geht, über ihren Schatten springt und Ideen entwickelt, um der Firma und der Familie auf ihre ganz eigene Weise zu helfen. Nun begegnet sie in ihrem Vater und in ihrem Bruder wieder den „alten Mustern“ und schmeißt trotzdem nicht hin! Im Konflikt zwischen den Generationen (Vater-Patriarch versus Kinder) steckt ja auch der Konflikt zwischen Mann und Frau. Und Marlies‘ Kampf um die Anerkennung durch den Vater und um einen respektvollen Umgang. Letztlich aber sind es auch die Lebensentwürfe und politischen Ansichten, die sich gegenüber stehen: der konservative Patriarch und die „grüne Marlies“.

Was war für Sie das Besondere bei den Dreharbeiten zum Film?

Inka Friedrich: Das Spezielle bei den Dreharbeiten von GLOBAL PLAYER – WO WIR SIND ISCH VORNE waren die extremen Kontraste zwischen dem beschaulichen Hechingen und der Megacity Shanghai! Der Kampf zwischen David und Goliath macht sich schon an den realen Orten fest: hier die etablierte kleine Stadt, dort die um jeden Preis aufstrebende Megacity. Großer Respekt kommt auf für die Kampfbereitschaft des mittelständischen Familienbetriebes in unserer Geschichte gegenüber der so gewaltigen Wirtschaftsmacht China. Wie lange hält man durch, ohne zu resignieren? Als wir in Shanghai gedreht haben, war die Frage, ob und wie lange wir auf den öffentlichen Plätzen drehen durften, immer wieder spannend! Wir haben dort fast dokumentarisch gearbeitet: Beim Dreh der Szene „Frühsport im Park“ sollte ich mich einer echten Tai-Chi- Gruppe anschließen und mittrainieren. – Eine Herausforderung, aber es hat alles geklappt.

KURZINTERVIEW MIT ULRIKE FOLKERTS

Was war für Sie das Besondere an Ihrer Rolle der Marianne Bogenschütz?

Ulrike Folkerts: Marianne Bogenschütz ist eins von vier erwachsenen Kindern. Der Film erzählt, wie diese ganze Familie wieder zusammenkommt, um die Zukunft der alteingesessenen Textilfirma, des Familienbetriebs, zu regeln. Jede Figur hat ihren ganz bestimmten Part, ihre ganz bestimmte Aufgabe in dieser Familie zu bewerkstelligen. Marianne ist „abgehauen“, lebt inzwischen weit weg, um ihr eigenes Leben zu leben. Sie hat ein Geheimnis vor dem Vater und hängt doch ganz schön mit drin. Mir gefiel diese Familienaufstellung, diese Rolle, die jede/ r in so einem Konstrukt aus Liebe und gelebter Vergangenheit einnimmt. Und Marianne ist auf ihre Art sehr zurückhaltend, aber dennoch bestimmt.

Was war für Sie das Besondere bei den Dreharbeiten zum Film?

Ulrike Folkerts: Das Besondere war Walter Schultheiß, und dass Hannes Stöhr ihm eine solch wunderbare Rolle geschrieben und ihn besetzt und inszeniert hat. Ich hatte ganz wunderbare Szenen mit diesem großartigen Schauspieler in seiner grantigen, aber liebenswerten Rolle des Patriarchen und Seniorchefs Paul Bogenschütz.

Marianne hat, wie alle anderen Kinder, ein spezielles Verhältnis zu ihrem Vater. GLOBAL PLAYER – WO WIR SIND ISCH VORNE ist ein genialer Film über Generationskonflikte, die Zukunft von Familienunternehmen, Traditionen, das Bestehen wollen eines mittelständischen Unternehmens auf dem Weltmarkt, über Familienstrukturen, das Schwabenländle und die Chinesen, ein gelungener Spagat zwischen Beschaulichkeit und Höchstgeschwindigkeit.

KURZINTERVIEW MIT KEVIN CHEN

Was war für Sie das Besondere an Ihrer Rolle des Unternehmers Chong Wang?

Kevin Chen: Chong ist ein ehrgeiziger Unternehmer, der von der Globalisierung und den chinesischen Ambitionen als Wirtschaftsmacht profitiert. Seine tägliche Kleidung sind schicke Anzüge, Krawatten und Selbstbewusstsein. Sein Selbstbewusstsein ist Ausdruck des neuen chinesischen Traums. Die Welt kann diesen Traum nicht ignorieren, das stachelt seinen Ehrgeiz an.

Was war für Sie das Besondere bei den Dreharbeiten zum Film?

Kevin Chen: Ich bin ja eigentlich kein Schauspieler, sondern Autor. Ich schreibe meistens alleine zu Hause. Beim Dreh von GLOBAL PLAYER – WO WIR SIND ISCH VORNE habe ich Teamwork erlebt, was für mich selten und sehr erfrischend ist. Die Geduld, der Spaß, das Lachen, der Fleiß, die Liebe und die Freundschaft haben mich positiv geprägt. Es war einfach wunderbar, zu einem professionellen Team zu gehören. Zusammen arbeiten überbrückt alle kulturellen Unterschiede.

Und die Dreharbeiten im herbstlichen Hechingen werden mir immer wunderbar in Erinnerung bleiben. Ich habe die Zeit in der majestätischen Burg Hohenzollern aber auch in der sehr technischen Textilfabrik genossen.